Warum Kalk nicht jeden Schimmel besiegen kann!
Schimmel in der Wohnung? Kein Problem, einfach Kalkputz drauf und gut ist! – So oder so ähnlich wird Kalkputz oft als Wunderwaffe gegen Schimmel angepriesen. Und ja, Kalk hat tatsächlich schimmelhemmende Eigenschaften. Aber wenn es so einfach wäre, hätte wohl niemand mehr schwarze Flecken an den Wänden.
Die Realität sieht leider anders aus: Schimmel ist ein hartnäckiger Gegner, der sich nicht mit ein paar Kellen Kalk vertreiben lässt – zumindest nicht dauerhaft.
Denn ob Kalkputz hilft oder nicht, hängt immer von der Ursache des Schimmels ab. Ist es Kondensatausfall durch hohe Luftfeuchtigkeit oder Wärmebrücken, kann Kalk tatsächlich eine hervorragende Lösung sein. Aber wer glaubt, Kalkputz sei eine universelle Schimmelversicherung, wird schnell enttäuscht.
Der wichtigste Schritt ist immer, zuerst die Ursache des Schimmels zu finden. Ein feuchter Keller, aufsteigende Nässe aus dem Mauerwerk oder eine undichte Wasserleitung lassen sich nicht mit einem neuen Kalk-Anstrich beheben – egal, wie hochwertig das Material ist.
Und dann gibt es noch ein weiteres Problem: Kalkputz ist nicht gleich Kalkputz. Viele vermeintliche „Kalkputze“ aus dem Baumarkt oder vom Industriehersteller enthalten Zement oder Kunststoffe – und das nimmt ihnen genau die Eigenschaften, die echten Kalkputz so besonders machen. Wer wirklich von den Vorteilen eines reinen Kalkputzes profitieren will, sollte genau hinsehen, was er verarbeitet. Denn wenn man sich statt reinem Naturkalk den nächsten Chemiecocktail auf die Wand packt, braucht man sich über Schimmel nicht zu wundern.
In diesem Beitrag räume ich mit dem Mythos auf, dass Kalk allein das Allheilmittel gegen Schimmel ist. Sie erfahren, wann Kalk tatsächlich helfen kann – und wann Sie besser eine andere Lösung finden sollten.
Die große Hoffnung: Kalk als Schimmel-Killer
Seit Jahrhunderten wird Kalk im Bauwesen eingesetzt – und das nicht ohne Grund. Er ist diffusionsoffen, kann Feuchtigkeit aufnehmen und wieder abgeben und hat durch seinen hohen pH-Wert eine natürliche Schimmelresistenz. Damit schützt er nicht nur die Raumluft, sondern auch die Bausubstanz.
Klingt nach der perfekten Waffe gegen Schimmel, oder? Ja, aber nur unter bestimmten Bedingungen.
Was Kalk wirklich kann:
- Er sorgt für ein ausgeglicheneres Raumklima, indem er Luftfeuchtigkeit reguliert. Mit Kalkputz pendelt sich die Luftfeuchtigkeit im Optimalbereich von 45 – 55% ein. Das reduziert die Gefahr von Kondensatausfall, weil so Feuchtespitzen vermieden
- Durch seinen hohen pH-Wert (je nach Produkt zwischen 12 und 13) schafft er eine Umgebung, in der die meisten Schimmelarten nicht gedeihen können. (Aber: Nicht alle Schimmelarten lassen sich von einem hohen pH-Wert beeindrucken. Es gibt tatsächlich einige Arten, die selbst bei einem pH-Wert von 13 überleben können.)
- Er enthält keine organischen Stoffe, die als Nährboden für Schimmel dienen könnten.
Voraussetzung für die volle Schutzwirkung ist, dass es sich um einen Naturkalkputz ohne Zugabe von organischen Stoffen handelt. Wird Kalkputz mit Kunststoffzusätzen oder Zement „optimiert“, gehen diese Vorteile verloren – und der vermeintliche Schutz gegen Schimmel kann ins Gegenteil umschlagen.
Und eins sollte klar sein: Kalk kann nicht zaubern. Wenn Schimmel eine tiefere Ursache hat, wie z.B. Bauschäden, die für erhöhte Feuchtigkeit im Mauerwerk sorgen, sollte die Ursache behoben werden. Zudem muss der Beschichtungsaufbau und die Produktwahl genau auf diese Problematik abgestimmt werden.
Kalk gegen Schimmel – Wann es funktioniert
In vielen Fällen ist Kalkputz eine hervorragende Lösung gegen Schimmel. Aber damit er seine volle Wirkung entfalten kann, müssen die richtigen Bedingungen erfüllt sein. Wer glaubt, er könne einfach Kalk auf eine verschimmelte Wand klatschen und das Problem sei gelöst, wird früher oder später eine böse Überraschung erleben.
Bei oberflächlichem Schimmelbefall durch zu hohe Luftfeuchtigkeit
Wenn die Ursache des Schimmels „nur“ schlechte Luftzirkulation oder hohe Luftfeuchtigkeit ist, kann Kalkputz tatsächlich helfen. Er nimmt überschüssige Feuchtigkeit auf und gibt sie langsam wieder ab – das verhindert Kondenswasserbildung und damit auch Schimmelwachstum. Besonders in Schlafzimmern, Bädern oder wenig genutzten Räumen, wo oft zu wenig gelüftet wird, kann Kalk eine deutliche Verbesserung bringen.
Was viele nicht wissen: Oft liegt das Problem nicht an der Wand selbst, sondern an den falschen Oberflächenmaterialien. Dispersionsfarbe, Raufasertapete und Co. bieten Schimmel einen perfekten Nährboden. Kalkputz kann hier Abhilfe schaffen, indem er organische Materialien ersetzt und dem Schimmel buchstäblich die Lebensgrundlage entzieht.
In Kombination mit regelmäßiger Belüftung
Kalkputz funktioniert am besten in einem gut durchlüfteten Raum. Wer aber weiterhin seine Wäsche in der Wohnung trocknet, nie das Fenster öffnet oder die feuchte Luft nach dem Duschen im Bad stehen lässt, kann dennoch Schimmel bekommen – ganz egal, wie viel Kalk an der Wand ist.
Ein weit verbreiteter Irrglaube
„Atmende Wände“ reichen aus, um Feuchtigkeit zu regulieren. Nein! Wände „atmen“ nicht, sondern nehmen Feuchtigkeit nur begrenzt auf. Wer sich allein auf den Putz verlässt, ohne regelmäßig zu lüften, verschiebt das Problem nur nach hinten. Um Feuchtigkeit wieder abgeben zu können, muss die relative Luftfeuchtigkeit unter 60% liegen. Ist dies nicht der Fall, kann auch der beste Kalkputz langfristig nicht funktionieren.
Feuchtes Mauerwerk? Wenn der Grund für die Feuchtigkeit – zum Beispiel ein Rohrbruch oder aufsteigende Nässe – beseitigt wurde, kann Kalkputz dabei helfen, die Wand schneller auszutrocknen. Er entzieht dem Mauerwerk Feuchtigkeit und sorgt so für ein gesundes Raumklima.
Aber Achtung: Wird die eigentliche Ursache nicht behoben, wird es auch für einen Kalkputz schwer, dauerhaft zu helfen. Wenn Feuchtigkeit von außen nachkommt, kann die Wand auf lange Sicht wieder schimmeln – mit oder ohne Kalk.
Warum Kalk manchmal keine Lösung ist
So gut Kalk gegen Schimmel sein kann – er ist kein Wundermittel, das alle Probleme löst. Es gibt zahlreiche Fälle, in denen Kalkputz allein einfach nicht ausreicht und die eigentliche Ursache des Feuchtigkeitsproblems dringend behoben werden muss.
❌ Bei aufsteigender oder drückender Feuchte
Wenn Feuchtigkeit aus dem Boden hochzieht oder Grundwasser gegen die Wände drückt, bringt es nichts, einfach Kalk draufzupacken. Hier ist eine professionelle Sanierung nötig – etwa durch Horizontalsperren, Abdichtungen oder spezielle Kalk-Sanierputze, die Feuchtigkeit über Kapillarwirkung gezielt nach außen leiten, anstatt sie einfach nur aufzunehmen.
❌ Bei undichten Rohren oder eindringendem Wasser
Ein Rohrbruch oder eine undichte Fassade sorgt dafür, dass immer neue Feuchtigkeit nachströmt. In solchen Fällen hilft keine noch so schimmelresistente Wandbeschichtung, sondern nur ein Handwerker, der die Ursache beseitigt. Erst danach kann Kalkputz helfen, die Wände schneller auszutrocknen und das Raumklima zu verbessern.
❌ Bei extremer Kälte (Wärmebrücken)
Kaltes Mauerwerk ist ein Feuchtigkeitsmagnet. Sobald warme Raumluft auf eine stark unterkühlte Wand trifft, schlägt sich dort Feuchtigkeit nieder – ein perfektes Umfeld für Schimmel. Kalk allein reicht hier nicht aus, denn er kann die Temperatur der Wand nicht erhöhen. Eine gezielte Maßnahme wie Kalk-Dämmputz oder eine angepasste Heizstrategie kann notwendig sein, um das Problem langfristig zu lösen.
❌ Bei verschmutzten Oberflächen (organischer Staub)
Kalkputz kann schimmelresistent sein – aber was ist mit dem, was sich darauf ablagert? Organischer Staub, Holzmehl oder Bauverschmutzungen bieten einen idealen Nährboden für Schimmel. Wer nach dem Verputzen noch einen Holzboden schleift, sorgt ungewollt dafür, dass sich feine organische Partikel auf den frischen Kalkputz legen. Das Ergebnis? Schimmel kann trotzdem wachsen – nicht auf dem Kalk, sondern auf der Schmutzschicht!
❌ Bei den falschen Produkten
Wie bereits erwähnt, ist Kalkputz nicht gleich Kalkputz. Industrielle „Kalkputze“ mit Zement und Kunststoffzusätzen verlieren genau die Eigenschaften, die Kalk eigentlich ausmachen. Durch die Zugabe von Zement verändert sich das Feuchtigkeitsverhalten, die Diffusionsoffenheit nimmt ab – und mit ihr auch die schimmelhemmende Wirkung. Wer wirklich Schimmel bekämpfen will, sollte also genau hinschauen, was er kauft.
Kalk kann Schimmel verhindern – aber er kann nicht verhindern, dass er wiederkommt, wenn die Rahmenbedingungen nicht stimmen. Wer nur auf den Putz setzt, ohne die Ursachen zu beseitigen, wird langfristig enttäuscht sein.
Kalkputz richtig einsetzen, um Schimmel wirklich loszuwerden
Damit Kalkputz seine volle Wirkung entfalten kann, reicht es nicht, ihn einfach auf eine verschimmelte Wand zu klatschen. Die richtige Verarbeitung und die passenden Rahmenbedingungen sind entscheidend. Hier sind die wichtigsten Punkte, die Sie beachten sollten:
Untergrundvorbereitung ist entscheidend
Einfach über den alten Schimmelputz drüberzuspachteln? Schlechte Idee! Der Schimmel sollte vorher entfernt und die Wand gründlich gereinigt werden. Bei großflächigem Schimmel ist es ratsam, eine Fachfirma einzuschalten, um eine fachgerechte Sanierung zu gewährleisten.
Kleinere Schimmelflecken können selbst entfernen werden– dabei aber unbedingt eine Schutzmaske tragen, damit keine Schimmelsporen eingeatmet werden!
Naturkalk statt billige Baumarkt-Sackware oder falsch deklarierte Industriepampe
Viele als „Kalkputz“ deklarierte Produkte enthalten Zement, Kunststoffe oder andere chemische Zusätze. Dadurch verliert der Putz genau die diffusionsoffenen und schimmelhemmenden Eigenschaften, die echten Kalk ausmachen.
Wichtig: Wer sichergehen will, dass er einen echten Naturkalkputz verwendet, sollte die Zusammensetzung genau prüfen und sich nicht von Werbeversprechen täuschen lassen.
Die Schichtdicke ist wichtig
Ein dünn aufgetragener Kalkanstrich kann die Feuchtigkeit nicht in ausreichender Menge aufnehmen und regulieren. Damit Kalkputz seine volle Wirkung entfalten kann, sollte er eine Mindestschichtdicke von 5 mm haben.
Warum? Erst ab 5 mm kann Kalk genügend Feuchtigkeit speichern, die Luftfeuchtigkeit spürbar senken und so das Raumklima verbessern.
Bei starkem Schimmelbefall gilt: Je mehr Schimmel, desto mehr Kalkputz! In einigen Fällen – z. B. bei dauerhaften Feuchtigkeitsproblemen oder stark belasteten Wänden – sind Schichtdicken von über 30 mm erforderlich. Hier kommen Kalk-Dämmputze oder Kalk-Sanierputze zum Einsatz, die das Mauerwerk gezielt entfeuchten und so den Schimmel langfristig verhindern.
Ergänzende Maßnahmen: Lüften, Heizen, Isolieren
Kalkputz allein löst das Problem nicht, wenn die Raumfeuchtigkeit weiterhin zu hoch bleibt. Schimmel entsteht dort, wo Feuchtigkeit nicht entweichen kann – und das lässt sich nicht allein mit Putz regulieren.
Daher gilt:
Richtig lüften – Stoßlüften statt dauerhaft gekippte Fenster!
Richtig heizen – Kalte Wände begünstigen Kondenswasserbildung.
Richtige Dämmung – Wenn nötig, Wärmebrücken gezielt beseitigen.
Ohne diese Maßnahmen bleibt selbst der beste Kalkputz machtlos!
Chemiekeule als Lösung?
Wer jetzt denkt: „Na gut, wenn Kalkputz nicht funktioniert, dann nehme ich halt eine vom Handel angepriesene Schimmelfarbe oder ein anderes Wundermittel gegen Schimmel“, begeht einen fatalen Fehler.
Die Wahrheit ist: Wenn Kalkputz nicht funktioniert, dann funktionieren auch chemische Anti-Schimmel-Systeme nur kurzfristig.
Viele Schimmelsprays, Isolierfarben oder Anti-Schimmel-Anstriche enthalten Fungizide oder andere aggressive Chemikalien, die den Schimmel oberflächlich abtöten. Klingt erstmal gut – aber das Problem sitzt meist tiefer. Daher wird, sobald die Wirkung nachlässt (was sie unweigerlich tut), der Schimmel zurück kommen.
Zudem enthalten viele dieser Produkte organische Bestandteile oder Kunstharze, die die Diffusionsfähigkeit der Wand einschränken – und genau das verstärkt das Feuchtigkeitsproblem langfristig. Statt den Schimmel endgültig loszuwerden, wird er nur verdeckt oder verlagert.
Was sind Ihre Erfahrungen mit Kalk gegen Schimmel? Schreiben Sie in die Kommentare!
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