Heute möchte ich Ihnen mal nichts über Kalkputze erzählen, sondern schildern, was mich so richtig nervt. Zum einen geht es darum, dass man auch in Deutschland nicht wirklich das sagen darf was man denkt oder erlebt hat und zum anderen, die immer ausgefuchsteren Marketingstrategien von Herstellern und Verarbeitern.

Diese rücksichtslose, profitgeile Ellenbogengesellschaft widert mich jeden Tag mehr an! Warum ist es nicht möglich auch im Geschäftsleben fair und verantwortungsbewusst mit seinem Gegenüber umzugehen? Immer wieder erlebe oder erfahre ich Dinge, die man veröffentlichen müsste um andere zu schützen aber das ist nur möglich, wenn man Namen nennt und das hätte Konsequenzen, die ich noch nicht bereit bin zu tragen.

Auslöser für diesen Beitrag ist ein Hilferuf einer 6-köpfigen Familie. Gestern erreichte mich ein Anruf einer Dame, die sehr verzweifelt war. Die Familie hat sich den Traum vom Eigenheim verwirklicht und da ihr Mann und alle 4 Kinder stark unter Allergien leiden, wurden dafür nur wohngesunde Baustoffe verwendet. Es wurde auf alles verzichtet, was die Raumluft negativ beeinflusst und nur Materialien verwendet, die mindestens EC 1 Plus zertifiziert sind. Jetzt, nachdem der Kalkputz aufgebracht wurde, reagieren die Kinder schon beim Betreten des Gebäudes darauf. Der Dame wurde ein Produkt verkauft, welches laut Hersteller für Allergiker geeignet ist und laut Verputzer auch keine Schadstoffe enthält. Laut Sicherheitsdatenblatt, welches ich mir angesehen habe, sind 10 % Zement und chemische Zusätze enthalten.

Das Problem der Familie ist, dass dem Verarbeiter keine Falschberatung nachgewiesen werden kann und der Hersteller nicht bereit ist zu helfen. Dies bedeutet, ab dem 01.03. wird diese Familie auf der Straße sitzen, weil kein Geld mehr da ist um auf eigene Kosten den Putz erneuern zu lassen. Eine Wohnung mieten wird auch nicht gehen, da die Kreditraten dies nicht zulassen. Ich habe der Frau empfohlen, Ihre Erfahrung hier zu veröffentlichen, damit andere vor dem Verputzer und Hersteller gewarnt werden. Das möchte sie aber nicht, in der Hoffnung doch noch eine Einigung mit den beiden zu erzielen.

Es wäre ein leichtes gewesen, hier Produkte zu finden, die auch für diese Familie geeignet sind. Solange aber Hersteller auf Ihre Säcke drucken dürfen was diese wollen und Verarbeiter nicht in der Lage sind sich mit den Produkten zu befassen, die sie verarbeiten, wird dies ein Bericht von vielen sein.

Wenn es darum geht etwas zu verkaufen, ist jedes Mittel recht. Deshalb freue ich mich immer sehr über Ihre Kommentare und werde nicht müde, jeden einzelnen zu beantworten. Erst Ihre Kommentare machen meine Beiträge so interessant für die Leser. Vielen Dank.

Das zweite Anliegen im heutigen Beitrag ist die Masche mit den gesunden Baustoffen.

Nichts funktioniert aktuell im Bereich Bauen und Sanieren besser als „Wohngesundheit“ sowie „Nachhaltigkeit und gesunde Baustoffe“. „Geschenkt“, wäre vielleicht auch noch ähnlich erfolgreich. Deshalb werden genau diese Schlagworte genutzt um Sie zum Kauf zu animieren.

Gerade wenn es darum geht im Bestand zu verkaufen, also dann, wenn kein echter Bedarf besteht, werden Hersteller und Verarbeiter immer einfallsreicher. Da werden Materialien angeboten mit denen man angeblich die Diffusionsfähigkeit steigern und für gesundes Raumklima sorgen kann. Mittlerweile gibt es unzählige Anstrichmittel und Spachtelmassen/Putze, die genau dieses versprechen. „Überstreiche oder überspachtle deinen bestehenden Anstrich mit unserem Material und schon können die Wände atmen und sorgen auch noch für ein gesundes Raumklima“. Ich könnte an die Decke gehen, wenn ich solche Aussagen höre. Wie soll denn bitte ein Anstrich oder ein Dünnlagenputz für Diffusionsfähigkeit sorgen, wenn der Bestandsputz schon mit Farbe oder Dispersionstiefengrund versiegelt wurde? Das sind nur Verkaufsargumente die super klingen, Ihnen ein gutes Gefühl geben und am Ende nur darauf abzielen Aufträge zu überteuerten Preisen zu generieren.

Fakt ist: die Diffusionsfähigkeit Ihrer Wand wird sich nicht im Geringsten verändern, wenn nicht zuvor der ganze Mist entfernt wird, der abdichtet.

Zudem sollten Sie folgendes beachten: Anstriche oder Spachtelmassen/Putze, die in einer Schichtstärke von gerade mal 1-2 mm aufgebracht werden, beeinflussen das Raumklima nicht wirklich spürbar. Um Feuchtigkeit speichern zu können – und darum geht es beim wohngesunden Raumklima in erster Linie – benötigt man eine gewisse Schichtstärke, damit das Material genügend Feuchtigkeit speichern kann, d.h. 2 mm sind dazu nicht ausreichend.

Als letztes muss man sich auch die Materialien einmal genau ansehen. Kalkputze oder Kalkfarben ohne chemische Zusätze, würden auf den meisten Untergründen im Bestand nicht funktionieren. Deshalb müssen Materialien eingesetzt werden, die so „verbessert“ wurden, dass diese auch auf für Kalk nicht geeigneten Untergründen funktionieren. Ich entferne also den Altanstrich, was die darin enthaltenen Schadstoffe inkl. Mikrokunststoffe freisetzt und trage dann eine Grundierung und einen Kalkputz mit chemischen Zusätzen auf, um ein gesundes Raumklima zu erhalten? Das hört sich doch mal richtig sinnvoll an. Wenn Sie Zeit und Lust haben, schauen Sie sich die Datenblätter von Produkten an, die für wohngesundes Raumklima stehen. Egal ob die Produkte in rote, gelbe, rot/grüne oder in Eimern mit einem Elefanten abgefüllt werden, Sie werden immer Zusätze finden, die nicht für Wohngesundheit stehen.

Lassen Sie sich nicht durch Werbeversprechen oder schöne Slogans blenden! Ganz oft geht es nur darum, Ihnen etwas zu verkaufen, was unterm Strich nicht besser ist als das was Sie schon haben. Natürlich gibt es Ausnahmen, sowohl was die Produkte als auch die Verarbeiter betrifft. Diese zu finden, erfordert aber einiges an Arbeit, weil in Deutschland Profitgier vor Ehrlichkeit kommt.

Ich freue mich auf Ihre Kommentare und wünsche Ihnen eine gute Zeit und ein ehrliches Miteinander

Grüße aus Marktbreit
Gerold Engist