Zement im Kalkputz reduziert oder eliminiert die Vorteile von Kalkputzen. Das ist nichts Neues. Neu ist, und das freut mich sehr, dass der Verbraucher auf solche „Kleinigkeiten“ immer mehr achtet.

Aus diesem Grund liefere ich heute ein paar Informationen, wie geprüft werden kann, ob als zementfrei beworbene Kalkprodukte nicht doch Zement enthalten.

Bevor wir in die Tiefe gehen, möchte ich aber erst noch eine kleine Geschichte erzählen, die gut zum Thema passt:

Mein Vater war in seinem ersten Leben Metzger. Daher nehme ich immer wieder mal Beispiele aus der Fleischtheke, um Unglaubliches etwas besser verständlich zu machen.

Stell dir vor du liebst Fleischwurst, verträgst sie aber nur, wenn kein Wasser enthalten ist. Schon eine geringe Menge Wasser in der Wurst löst bei dir Übelkeit aus.

Wenn dein Metzger jetzt behauptet: In meine Fleischwurst kommt kein Wasser! Ich verwende nur Eiswürfel bei der Herstellung!

Würdest du die Fleischwurst dann kaufen und essen?

 

Beim Zement im Kalkputz läuft das ganz ähnlich. Da wird der Zement einfach nur unter einem anderen Namen versteckt und mit zementfrei geworben.

Deshalb schauen wir uns Zement und vor allem die Herstellung einmal etwas genauer an. Weil, nur wenn die Begriffe bekannt sind unter denen Zement versteckt werden kann, wirst du später beurteilen können, was wirklich in deinem Kalkputz enthalten ist. Zumindest wenn es um das Thema Zement geht.

 

Zementherstellung

Zement wird aus Kalkstein, Ton und Mergel hergestellt. Dieses Material wird gebrochen wodurch Rohschotter entsteht.

Diesem Rohschotter wird, je nach Zementsorte, Quarsand und Eisenerz beigemischt und dann gemahlen.

Nach dem Mahlen wird diese Mischung bei 1450 °C gebrannt. Dadurch entsteht ein neuer Rohstoff: der Zementklinker.

Auch der Zementklinker wird gemahlen und dabei, wieder abhängig von der Zementsorte, zuvor z.B. mit Hüttensand, Gips usw. vermischt.

Die Eigenschaften vom Zement, das hydraulische Abbinden, die abdichtende Wirkung, hat der Zementklinker aber schon vor dem Mahlen und der Beimischung von Hüttensand oder Gips.

Daher macht es keinen Unterschied ob Zementklinker fertig gemahlen zu Zement oder in dieser Vorstufe dem Kalkputz beigemischt wird. Der Zementklinker reduziert die positiven Eigenschaften von einem Kalkputz genauso wie Zement.

 

Verbrauchertäuschung

Daher halte ich es für höchst fragwürdig, Kalkputze als zementfrei zu bewerben, obwohl Zementklinker beigemischt wird. Das ist wie mit den Eiswürfeln in der Fleischwurst. Der Verbraucher erhält meiner Meinung nach nicht das wofür er bezahlt.

Als Beispiel möchte ich den CALCEA® „Kalk-Dämmputz innen“ von Otterbein vorstellen. Wenn du dir den Dämmputz auf der Website von Otterbein ansiehst, findest du unter dem Reiter „Beschreibung“ folgenden Textauszug:

Es geht um den Text zur Überschrift „Was macht CALCEA® und CAREMA® so besonders?“,

dort ist im zweiten Absatz zu lesen:

„Die CALCEA®– und CAREMA®-Produkte sind frei von Zement sowie frei von synthetischen und organischen Bindemitteln.“

Hört sich für Kalkliebhaber super an und beeinflusst sicher auch die Kaufentscheidung. Zumindest bis ein Blick ins Sicherheitsdatenblatt geworfen wird. (Mehr zum Thema Sicherheitsdatenblatt gibt es hier.)

Im „CALCEA ® Kalk-Dämmputz innen“ Sicherheitsdatenblatt vom 16.12.2019, Version 3.1.1 (ein Neueres gibt es aktuell nicht) wird es im Abschnitt 3 sehr interessant.

 

Inhaltsstoffe CALCEA ® Kalk-Dämmputz innen

Dort wird unter Punkt 3.2 die Zusammensetzung des Kalk-Dämmputz‘ aufgeschlüsselt und folgende Inhaltsstoffe werden benannt:

„Gemisch aus Natürlich Hydraulischem Kalk, Zement, mineralischem Leichtzuschlag und Zusätzen.“

In der Tabelle zu den einzelnen Inhaltsstoffen wird folgendes aufgeführt:

  • Kalk hydraulisch: 20-30%
  • Portlandzementklinker: 10-20%
  • Calciumdihydroxid: 2-7%
  • Mineralischer Leichtzuschlag: 35-45%
  • Metakaolin: 5-10%

Zementfrei geht anders!

 

Dass es sich beim Zementklinker um Zement handelt ist dir sicher schon klar. Da wird aber noch deutlich mehr Zement versteckt. Deshalb schauen wir uns die einzelnen Inhaltsstoffe noch ein wenig genauer an.

Kalk hydraulisch: Hydraulischer Kalk ist laut DIN EN 459-1 ein Bindemittel, das aus Kalk und Zement hergestellt wird. Es kann auch noch Hochofenschlacke beigemischt werden.

Portlandzementklinker: Dabei handelt es sich um Zement, der nach dem ersten Brennvorgang noch nicht gemahlen wurde.

Calciumdihydroxid: Das ist jetzt tatsächlich Kalk!

Mineralischer Leichtzuschlag: Bei diesem Dämmputz wird Blähton als Dämmzuschlag beigemischt.

Metakaolin: Dabei handelt es sich um ein künstliches Puzzolan, das in Verbindung mit Wasser und Kalk abbindet. Ein natürliches Puzzolan wäre z.B. Trass.

 

Wenn ich mich nicht verrechnet habe, enthält dieser als zementfrei beworbene Kalk-Dämmputz gerade mal 2-7% reinen Kalk. Bei einem Bindemittelanteil (ohne Metakaolin) von 32-57% liegt der Kalkanteil nicht wirklich hoch, oder?

Klar kann beim hydraulischen Kalk nicht genau gesagt werden wieviel Zement darin enthalten ist. Ich werte diesen aber dennoch als Zement, weil die Eigenschaften nicht einem reinen Kalk entsprechen.

Zudem enthält der Dämmputz noch weitere Zusätze, die aber nicht benannt werden. Ob es sich dabei nur um Cellulose oder irgendwelche Kunststoffe handelt kann daher nicht gesagt werden.

 

Fazit

Mein Fazit lautet: Wer ganze Produktlinien pauschal bewirbt, sollte im Vorfeld ganz genau prüfen, ob die Werbeversprechen auch tatsächlich auf alle Produkte dieser Linie zutreffen.

Bei den CALCEA® -Produkten von Otterbein sind nicht alle zementfrei. Tatsächlich habe ich kein einziges gefunden, welches als zementfrei beworben werden sollte. Alle CALCEA® Produkte enthalten laut den zugehörigen Sicherheitsdatenblättern hydraulischen Kalk und somit auch Zement.

Ob hier mit falschen Versprechungen geworben wird oder ob der, für die Sicherheitsdatenblätter zuständige Mitarbeiter den Unterschied von NHL (natürlich hydraulischer Kalk) und HL (hydraulischer Kalk) nicht kennt, kann ich natürlich nicht sagen.

Das müssen die Damen und Herren von Otterbein klären.

Soviel zum Thema „Zementfreier Kalk-Dämmputz oder Verbrauchertäuschung?“

Letztendlich muss aber jeder für sich selbst entscheiden, ob solch ein Vorgehen von Seiten eines Herstellers akzeptiert wird. Vertrauensfördernd sind solche Falschaussagen sicher nicht.

 

Mehr über „Baustoffe und deren Nebenwirkungen“ gibt es in meinem kostenlosen Onlinevortrag.

 

 

Über eine Rückmeldung zu diesem Beitrag freue ich mich. Schreiben Sie mir, wie Sie über versteckte Zusätze im Kalkputz denken und ob meine Beiträge zu kritisch an solche Themen herangehen.